Wojtek Klimek


In der Züricher Ausstellung werden Werke von Wojtek Klimek aus den Jahren 2010 bis 2012 gezeigt, die meist in Acryl und Öl gemalt sind. Die Bilder basieren auf fotografischen Vorlagen und zeichnen sich vor allem durch das vielschichtige Spiel mit Licht und die raffinierte Bildkomposition aus.

 

Wojtek Klimek


In seinem Werk scheint die reale Wirklichkeit (greifbar, sichtbar, rational) mit der magischen Realität (Halluzination, Träume) zu verschmelzen. Es wird eine Welt kreiert, in der der Betrachter keine strikte Trennung zwischen Intellekt und Erleben erfährt. 

 

Das Werk Klimeks zeichnet sich durch eine wirkungsvolle Verknüpfung von realistischen und surrealistischen Formenelementen aus, wie etwa in „Brunnen“ (2010), wobei fotografische Elemente eines Brunnens in Dresden mit einem fiktivem Wald im Hintergrund den scheinbar deplatzierten Autos neben dem Brunnen gegenübergestellt werden. Auf diese Weise raffiniert komponierte Räume und eigentümliche, traumhaft- magische Lichteffekte sind charakteristisch für die Arbeiten von Klimek, denen sehr oft ein beängstigender und fast bedrohlicher Stimmungsgehalt innewohnt.


Die Sujets zeigen häufig rein urbane Landschaften, wie etwa „Hochhaus“ (2010) oder Landschaftenin denen Figuren in scheinbar alltäglichen Situationen gezeigt werden, z. B. „Qualm“ (2010).


Andernorts verwendet Klimek häufig einzelne, dem Betrachter vertraute Bildelemente, wie den Eingang des Züricher Letzi-Stadions, und erhebt dies zur Metapher wie in „Eingang“ (2011). Klimeks Bilder wirken oft melancholisch, ständig auf der Suche. Wonach bleibt jedoch offen. Es scheint, als seien Klimeks Bilder eine Reflexion über das Verhältnis von Zeit und Sein. Wie in Trance steht dabei die Zeit still.


In den Bildern wirken Blickachsen oft unstimmig, die Fluchtpunkte unklar und die Einfallswinkel des Lichts entziehen sich der Geometrie. Klimeks Sonne (oder Mond) scheint dabei auf das „Andere“,ein Jenseits der Dinge, hinzudeuten, das dass Fehlen der Figuren in Landschaftsräumen, wie „Brunnen“; „Expo“ oder „Eingang“ zu überstrahlen scheint und sie von ihrem Ding-Sein erlöst.

 

In Klimeks Landschaften gibt es ein lumen naturale und ein nicht-menschliches Aussen. Somit sind seine „Stillleben“ zwar düster, aber nicht verzweifelt. Die Stille ist erdrückend, aber nicht absolut.


In ihr steckt Erwartung, denn jeden Augenblick könnte etwas Unvorhergesehenes geschehen und Alles verwandeln; etwas, das sich erhebt gegen die Stille. Dies gilt besonders für Klimeks „Stadt“ (2011). Demzufolge ist Klimeks lumen naturale ein tröstendes Licht, dessen Schwermut Fantasien loslöst und eine schwebende objektlose Weh(r)mut erschafft. Der Wunsch nach aktiver Veränderung scheint in den Bildern Klimeks vorherrschend.


Klimeks Bilderwelt macht die zahlreichen Facetten der Einsamkeit des modernen Menschen mittels Sujet, Licht und Farben sichtbar. Die Figuren in seinen Bildern scheinen wie Marionetten geradezu darauf zu warten, dass jemand ihr Schicksal in die Hände nimmt. So sind seine Bilder Symbol unserer heutigen radikalisierten Marktgesellschaft, in der Musse und Einsamkeit verpönt sind und des Benchmarking des Individuums, das sich alle Optionen offenhält, und sich am Ende dafür zu entscheiden, sich gar nicht zu entscheiden. Die zeitgenössischen Figuren in Klimeks Bildern wirken nicht einsam, sondern autistisch; unfrei sich zu entscheiden. So wirken die Figuren in „Stadt“ (2011) wie Gefangene in einer düster, realen Welt. Nichts bindet sie an diesen Ort, und dennoch wirken sie seltsam unfrei und versunken in Erstarrung. Während wie hier die Menschen am Rand des Geschehens stehen, sind andere Räume, wie etwa „Eingang“ (2011) oder „Ohne Sorge“ (2011), gänzlich von ihnen geleert. In anderen Kompositionen, wie „Hund mit Mann“ (2009) wirken sie wie Fremdkörper.


Grosses technisches Können, die Hingabe zu figurativer Malerei und die Vorliebe für melancholische Bildinhalte zeichnen die abgeflachten Landschaften Klimeks aus, deren Code nicht entschlüsselt werden kann. Seine Bilder strahlen eine Ernüchterung und zugleich Zuversicht und Hoffnung aus. Klimeks Bilder vermitteln keine Botschaften, sondern eine Stimmung, ein Gefühl. Mit ihrer verwaschenen Farbe, den scheinbar autistischen Figuren und den räumlich desorientierten Landschaften schaffen sie ein Gefühl der Isolation, das über den Horizont der Landschaften hinauszugehen scheint.


Der 1978 in Gdansk (Polen) geborene Klimek studierte zunächst Kunstgeschichte (Berlin) und
wechselte später zur Illustration (Hamburg). Er lebt und arbeitet in Zürich.